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Locationscouting – was ist das?

Aktualisiert: 8. Juni 2021

Soviel sei vorab verraten: Immerhin passiert während eines Locationscouting so viel, dass dafür ein eigener Beruf existiert: der Locationscout.


Wörtlich übersetzt wird beim Locationscouting der passende Standort location für eine Medienproduktion ausgekundschaftet scout – das können Fotoshootings, aber auch Filmproduktionen sein.

Ich lege meinen Fokus auf das Locationscouting für Fotoshootings. Denn ich ziehe regelmäßig mit Fotografen aus meinem Netzwerk los, um den perfekten Standort für Fotoshootings meiner Kunden zu finden. So streife ich kreuz und quer durch Freiburg, den Schwarzwald oder am Bodensee umher – suche nach der Bundesstraße mit der optimalen LKW-Frequenz, nach perfekten Flussläufen, bezirze Pförtner vorab mit Keksen und einer großen Portion Charme. Und das alles, damit das Fotoshooting an Tag X möglichst reibungslos verläuft und sich die Kunden wohl fühlen und sich um nichts kümmern müssen, außer sich selbst.


Wofür braucht man überhaupt eine Location?

Eine Portraitserie lässt sich schließlich auch in einem Fotostudio produzieren, keine Frage. Eine unverwechselbare Bildsprache, die die Geschichte des Kunden authentisch erzählt, entsteht so aber eher nicht.

Dazu ein anschauliches Beispiel aus meiner Praxis: Meine Kundin ist Architektin und hat sich auf Projektsteuerung, Bauleitung und Vermittlung am Bau spezialisiert. Jetzt braucht sie Portraits und Bildmaterial für Ihre Website, Social Media und Präsentationen. Was würde diese Architektin also besser erlebbar machen, als sie in ihrem „natürlichen“ Umfeld zu präsentieren? Ihr ahnt es, das Fotoshooting findet auf ihrer aktuellen Baustelle statt.

Check, Baustelle.

Sind wir jetzt schon fertig mit dem Locationscouting?

Weit gefehlt, denn jetzt geht es erst richtig los. In unserem konkreten Beispiel liegt die Herausforderung darin, vor dem Shooting genau zu prüfen:

  • Wann stören wir den laufenden Betrieb auf der Baustelle möglichst wenig?

  • Welche Bereiche sind für uns überhaupt frei zugänglich?

  • Unter welchen Voraussetzungen können wir uns die Baustelle weiter erschließen?

  • Braucht es eine Genehmigung oder weitere Sicherheitsausrüstung?

  • Sind alle Beteiligten schwindelfrei?

  • Werden die Gerüste und der Baukran am Shooting-Tag noch stehen?

  • Was machen wir, wenn es regnet?

  • Was machen wir, wenn der Regen auf dem Flachdach gefriert?

  • Wo liegt überhaupt Strom?

Und dabei geht es nicht nur darum, das Blitzlicht zu versorgen, sondern auch darum, die Kundin während des Shootings mit einem Heizlüfter warm zu halten. Wer will schon Frostbäckchen? Denn nur wer sich bei seinem Shooting rundum wohl zu fühlt, kann authentisch wirken.


Das klingt jetzt aber noch nicht sonderlich kreativ!

Richtig, auf die Pflicht, folgt die Kür. Während des Locationscoutings sichten wir mögliche Perspektiven und spannende Blickachsen. Wir schauen welche Requisiten bereits vorhanden, jederzeit für uns nutzbar sind und welche es noch zu organisieren gilt. Wir prüfen, wann die Sonne wo steht und dabei welchen Schatten wirft. Dabei fungiere ich übrigens hie und da als dankbares Lichtmodel:



Hier meine kurze Checkliste für dein erfolgreiches Locationscouting:


1. Die Sicherheit

Kläre, ob die Location für alle Beteiligten ohne jede Gefährdung zugänglich ist. Bahngleise, Straßen, Autobahnen, Brücken, Hochhäuser, Dächer etc. gehören da sicher nicht dazu.


2. Die Rechtslage

Sorge für eine Genehmigung zum Betreten und Fotografieren für diese Location. Firmengelände und private Grundstücke sind ohne jede Rücksprache tabu.

3. Die Rahmenbedingungen

Prüfe, ob alle Beteiligten komfortabel zur Location anreisen können und ob es Parkplätze gibt. Sofern ein Wechsel des Outfits vorgesehen ist, braucht es dafür natürlich Platz, nicht nur zum Verstauen der Kleidung, sondern auch zum Umziehen. Je länger das Shooting angesetzt ist, desto wichtiger werden Toilette und Stromanschluss.


4. Der Zeitpunkt

Erkunde die Location zur exakt selben Tageszeit, an dem das spätere Shooting statt finden wird – im besten Fall sogar am selben Wochentag. Nur so bekommst du einen Eindruck davon, wo die Sonne exakt steht und wie stark die Location frequentiert sein wird – seien es Passanten, Fahrzeuge, Baustellen, etc.

Variieren die Zeitpunkte von Scouting und Shooting, fehlt dir im Shooting sonst vielleicht genau der Schattenwurf, der das Bild so besonders spannend macht.


5. Die Testaufnahmen

Schaue dir die Location in Ruhe aus sämtlichen Perspektiven an und lasse sie auf dich wirken. Mache besser jetzt zu viele Testaufnahmen, als zu wenige. Deine Favoriten kannst du direkt in deine Layouts (z.B. für die Website, Social Media oder Präsentationen) einfügen, um die Bildwirkung zu testen und es deinem Kunden zu präsentieren.


So steigt auch direkt die Vorfreude des Kunden auf das spätere Shooting!


Renate Wachsmann Freie Architektin – Eine Baustelle als Location


Und wie ist es nun rückblickend bei meinem Beispiel verlaufen: Locationscouting vs. Fotoshooting?

Unser Shooting fand schlussendlich an einem Sonntag statt, um den Betrieb auf der Baustelle nicht zu behindern und selbst auch ungestört arbeiten zu können. Wir trugen alle baustellentaugliches Schuhwerk und obendrein war es bitterkalt und windig. Der Heizlüfter brummte fleißig, während uns heißer Tee von innen wärmte. Statt Blitzeis, sorgte der morgendliche Regenguss auf dem Flachdach glücklicherweise nur für großflächige Pfützen, die uns eine grandiose Spiegelung bescherten. Noch grandioser, wenn der Fotograf so schnell improvisiert und das Beste aus der Situation rausholt. Und pünktlich zum letzten Schuss ging der Klebstoff dank der Kälte in die Knie und so fielen die Buchstaben R, E, T und E von diesem Leuchtkubus ab. Blieb' uns immerhin ein: „NA WACHSMANN“


Mein Resümee

Trotz ausgiebigem Locationscouting vorab, schreibt der Zufall manchmal doch die schönsten Geschichten. Dir wünsche ich nun viel Spaß, ein glückliches Händchen und einen spontanen Fotografen an deiner Seite bei deinen Locationscoutings und anschließenden Fotoshootings.


Hinter den Kulissen des Shootings


Fotografie: Johannes Meger

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